Was sind das für Geschwülste an meinem Apfelbaum? Muss ich diese entfernen?
Ihre Dokumentation zeigt das Schadbild des Obstbaumkrebses. Wobei der Name 'Krebs' hier irreführend wirken mag, da das Schadbild eigentlich von Pilzen verursacht wird, genauer gesagt von Nectria galligena und seiner Nebenfruchtform Cylindrocarpon mali.
Face to Face
Der Krankheitsverlauf beginnt mit kraterähnlichen offenen Wunde. Der Baum weiss, dass diese Wunden Eintrittspforte für sämtliche weitere Sekundär-Schaderregern sind und versucht von Jahr zu Jahr die Wunde, mit Überwallungswülsten, zu schliessen.
Am Anfang war die Spore...
Der Befallszyklus beginnt im Sommer, nachdem eine Spore den Weg durch eine Eintrittspforte ins Holz gefunden hat. Bei feuchten Bedingungen keimt sie sogleich. Mit ihren Pilzfäden bringt sie die Rinde zum Absterben und die Sporenlager (Konidienlager) der Nebenfruchtform Cylindrocarpon mali erscheinen in weiss. Daraufhin treten die roten Fruchtkörper der Hauptfruchtform Nectria galligena auf.Sie beinhalten die Ascosporen, die für zur weiteren Vermehrung verantwortlich sind. Etwas lästig ist, dass die Ascosporen bei ihrer Freisetzung mehrere hundert Meter weit fliegen können. So wird für die weitere Ausbreitung und Bildung neuer Infektionsherde gesorgt. Bevorzugt dienen bereits kleinere und grössere Verletzungen mechanischer oder natürlicher Natur, wie Hagel- und Frostschäden, unachtsame Schnittmassnahmen und Insekten.
Das Leid nimmt seinen Lauf...
Ältere Triebe können mit der Diagnose 'Obstbaumkrebs' gut leben. Bloss die sensiblen Jungtriebe können unter einem allfälligen Befall etwas ärger in Mitleidenschaft gezogen werden. Selten sind vom Holzbefall auch die Früchte betroffen.
Da fühle er sich wohl
Obstbaumkrebs kann neben Apfel- und Birnbäumen auch an einigen Laubbäume auftreten. Z. B. an Pappel, Ahorn, Speierling, Esche und Weide. Meist beschränkt sich der Befall jedoch auf Obstbäume, die auf nassen und schweren Böden gepflanzt sind, respektive auf anfällige Sorten, wie z. B. Gala, Elstar, Rubens, Topaz, Cox-Orange, Goldparmäne oder Braeburn.
Besser vorbeugen als nachbeugen
Mit vorbeugenden Massnahmen kann viel bewirkt werden. Eine bedarfsgerechte Düngung ist unverzichtbar. Eine rein stickstoffbetonte Nährstoffzufuhr hat starkes Wachstum zur Folge, dass wiederum den Befall befördert. Mechanische Verletzung sind tunlichst zu vermeiden. Artgerechte Standorte ohne Staunässe und hoher Luftfeuchtigkeit sind das A und O genauso wie das Setzen von resistenter Sorten.
Eine vorbeugende Behandlung mit Kupferpräparaten kann Wirkung zeigen. Da Kupfer aber auf die Falllaubzersetzung hinderlich wirkt, ist Kupfer wiederum, in Hinblick auf die Schorfbildung, förderlich. Noch hinzu sollten kupferhaltige Produkte nur zu einem gezielten und äusserst sparsamen Einsatz Verwendung finden. Der Grund: Bodenmikroorganismen können Kupfer nicht abbauen und es kommt zu einer Kumulation im Boden.
Vielmehr kann auf sämtliche Stärkungsmassnahmen gesetzt werden. Wie etwa mit dem Einsatz von Effektiven Mikroorganismen und/oder Trichoderma-Pilzen. Diese stärken das Immunsystem der Bäume wie auch die Wasser- und Nährstoffversorgung. Wichtig verbleiben weiterhin die üblichen Pflegemassnahmen wie Erhaltungs- und Auslichtungsschnitt und die Entfernung des Laubes.
Den Krebs entfernen oder nicht?
Vielmals vollziehen die Meinungen hier einen grossen Spagat. Eine Entfernung von den Krebsgeschwüren kann nämlich Folgen mit sich tragen. Da bei der Entfernung bis ins gesunde Holz zurück geschnitten werden müsste, stellt jeder neue Schnitt eine zusätzliche Verletzung, respektive eine weitere Eintrittspforte, für den Pilz dar.
Also, wegschneiden oder nicht?
In Erwerbsobstbau gilt der Obstbaumkrebs als ordentliches Problem und entsprechend befallene Bäume werden meist aus den Kulturen entfernt. Im Hausgarten ist das Problem jedoch deutlich weniger schlimm. Obstbäume können gut mit dem Krebs leben. Daher gibt es keinen Grund diese zu fällen.
Wenn es zu einer Entfernung kommt, dann muss das Schnittgut zwingend aus dem Bestand entfernt werden. Denn denken Sie daran, die Sporen haben einen immensen Verbreitungsradius. Ist an eine nachträgliche Behandlung mit Wundverschlussmitteln angedacht,ist diese ausschliesslich nur am äusseren Ring der Wunde auf zu tragen. (dort wo die Kambiumschicht ist). So kann man das Eintrocknen und Absterben dieser Zellteilungs-Schicht, d. h. das Zurücktrocknen, bis zum Frühjahr eindämmen. Sobald aber das Wachstum wieder eingesetzt hat, ist das Wundverschlussmittel eher hinderlich als nützlich. Deshalb nur den äusseren Ring (Rinde und Kambium) mit dem Wundverschlussmittel abdecken. Das Aufbringen des Wundverschlussmittels kann Fäule oder das Rücktrocknen nicht komplett verhindern.
Die Idee eines Wundverschlussmittels ist, einen Schutzfilm über die Schnittstelle zu legen, damit Pilze und Bakterien nicht an das abgestorbene Holz gelangen und es abbauen können. Leider kann das aber nicht so einfach verhindert werden. Zum einen bilden sich durch wechselnde Bedingungen wie Sonne und Regen immer wieder Risse im Wundverschlussmittel. Hier können die Sporen der Mikroorganismen eindringen. Zum anderen sind Sporen schon im Holz vorhanden. Die Mikroorganismen freuen sich über das konstante Mikroklima unter dem Schutzfilm des Wundverschlussmittels und können so bequem und ungestört das Holz zersetzen. Der Baum ist ein lebendiges Stück Holz. Er lässt sich nicht einfach 'imprägnieren' wie ein Stück totes Holz. Selbst imprägniertes totes Bauholz hält nicht ewig und wird nach und nach zersetzt, sobald Feuchte und Wärme zusammenspielen.
Stattdessen ist ein direktes Einpinseln der Schnittwunden mit dem erwähnten Pilzstamm Trichoderma harzianum zielführender, da somit sämtliche Schaderreger abgewehrt werden.
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